Mit der Aussaat beginnt jede gärtnerische oder landwirtschaftliche Arbeit. Doch welches Saatgut steht uns zur Verfügung? Nicht alles angebotene Öko-Saatgut halten wir für den biodynamischen Anbau geeignet:
Die Verwendung von Hybridsaatgut bedeutet in der Regel sichere, uniforme und hohe Erträge, die unserer ökonomischen Verantwortung und den Erwartungen des Handels gerecht werden. Wie steht es aber mit der inneren Qualität?
Samenfeste Sorten bedeuten in der Regel besseren Geschmack (insbesondere bei biologisch-dynamischen Züchtungen), höhere Bekömmlichkeit und mehr Lebenskraft. Wie steht es aber mit der Ökonomie?
Aus diesem Spannungsfeld erwächst das Motiv, sich für Erhaltung und Entwicklung unserer Kulturpflanzen einzusetzen. Am Obergrashof züchten wir neue Gemüsesorten (Blumenkohl, Chicorée, Kohlrabi, Möhre, Rettich) im Auftrag von Kultursaat e.V. und vermehren Saatgut für die Bingenheimer Saatgut AG. So wurde 2010 die Kohlrabisorte Rasko neu vom Bundessortenamt zugelassen.
Ein weiterer Arbeitsbereich widmet sich auch Fragen der Forschung mit der Zielrichtung pflanzenstärkende Methoden zu entwickeln. Dazu gehört es auch, neue Wege in der Qualitätsbeurteilung zu gehen: Die bildschaffende Methode (Steigbilder, CuCl2-Kristallisationen) und die noch junge Methode der Rationalen Bildekräfteforschung.
2010 schloss die am Obergrashof weiterentwickelte Kohlrabisorte „Rasko“ das zweite Prüfjahr beim Bundessortenamt erfolgreich ab. Damit ist sie die zweite Kohlrabisorte, die von Kultursaat projektiert wurde und in eine Sortenneuzulassung mündet.
Das freut uns besonders, ist doch „Rasko“ eine Sorte, die vor über 35 Jahren von Herrn Ilmar Randuja am Ekkarthof in der Schweiz entwickelt wurde. Herr Randuja ist der Pionier der biologisch-dynamische Gemüsezüchtung schlechthin. Seit ca. 1965 arbeitete er an der Entwicklung von biologisch-dynamischen Gemüsesorten. Sein umfangreiches Sortiment vertrieb er überwiegend an Hausgärtner, der Erwerbsanbau war zurückhaltend.
„Rasko“ zählt zu seinem Erbe, geriet jedoch nach seiner tätigen Zeit fast in Vergessenheit. So war die Sorte auch in der Schweiz nicht mehr verfügbar. Nur geringe Saatgutreste waren noch in unserem Saatgutlager am Obergrashof vorhanden. Ebenso war auch in der Gärtnerei Ekkarthof nur noch wenig überlagertes Saatgut verfügbar.
Im Rahmen des Projekts EHZ-Bank fiel „Rasko“ bei Vergleichen in einer Sichtung noch zugelassener samenfester Kohlrabisorten bei den Qualitätsuntersuchungen auf: Der Geschmack war süß und angenehm aromatisch bis nussig, die Innenqualität war durchweg zart. Die Lebenskräfte bilden eine kräftige, und zugleich differenzierte und harmonische Gesamtkomposition. Die äußere Erscheinung war etwas uneinheitlich und wenig praxistauglich.
Vermutlich spielt die jahrzehntelange biologisch-dynamische Vergangenheit, Raskos „Gedächtnis“, eine große Rolle bei der Qualität der Lebenskräfte, dies legen Beobachtungen bei anderen Sorten nahe. Die Zartheit der Knolle ist Ergebnis konsequenter Auslesezüchtung. So entstand die Motivation, diese durch ihre lange biodynamische Vergangenheit besondere Sorte für den ökologischen Erwerbsgemüsebau wieder zur Verfügung zu stellen.
Das Hauptaugenmerk wurde nun darauf gerichtet, die innere Qualität mindestens zu halten und die äußeren Merkmale so zu entwickeln, dass „Rasko“ auch für den Erwerbsanbau eine attraktive Sorte wird. Im Einzelnen wurde vor allem auf einen sehr gut abgesetzten Strunk (Erleichterung bei der Ernte), die Einheitlichkeit des Bestandes und ein kräftiges Laub geachtet. Eine um einige Tage längere Entwicklungszeit als sie Hybridsorten zeigen, geht Hand in Hand mit den oben beschriebenen Qualitäten.